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06. Oktober 2025

ÖPNV-Sicherheitskongress NRW 2025 Sicherheit als Schlüssel zur Mobilitätswende

Wie sicher ist der Öffentliche Personennahverkehr – und wie sicher fühlt er sich an? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Sicherheitskongresses NRW 2025. Unter dem Motto „360°: Sicherheit im Blick – Subjektives Empfinden, objektive Verantwortung“ diskutierten Expert:innen aus Politik, Polizei, Verkehrsunternehmen und Zivilgesellschaft gemeinsam mit Vertreter:innen des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW (MUNV NRW) und der SPNV-Aufgabenträger über die Rolle von Sicherheit als Qualitätsmerkmal und als Voraussetzung für eine erfolgreiche Verkehrswende.

Treffpunkt für Sicherheitsexpert:innen aus ganz NRW

Die Landesinitiative Fokus Bahn NRW und das beim VRR angesiedelteKompetenzcenter Sicherheit NRW (KCS) begrüßten rund 210 Teilnehmer:innen aus ganz Deutschland zu einem intensiven Kongresstag mit Impulsvorträgen, Podiumsdiskussionen und praxisnahen Vertiefungssessions. Ziel war es, neue Herausforderungen zu identifizieren, Lösungsansätze zu diskutieren und gemeinsam Strategien für mehr Sicherheit im ÖPNV zu entwickeln. 

ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Blick auf die Bühne
Blick auf die Bühne in der historischen Stadthalle Wuppertal

Vertrauen schaffen durch Zusammenarbeit

Karin Paulsmeyer, Leiterin Fokus Bahn NRW, eröffnete den Kongress mit einem klaren Appell: „Damit Sicherheit effizient ist, Fahrgäste sich im Öffentlichen Personennahverkehr wohl fühlen und Mitarbeitende gern in den Verkehrsunternehmen arbeiten, müssen alle an einem Strang ziehen: Unternehmen, Zivilgesellschaft und der Staat. Nur so schaffen wir Vertrauen – eine Grundvoraussetzung, damit die Verkehrswende gelingt.“ Kilian Schäfer, Leiter des Kompetenzcenters Sicherheit NRW, ergänzte: „Sicherheit ist im ÖPNV ein Qualitätsmerkmal. Der Betrieb kann noch so gut funktionieren, wenn der ÖV nicht sicher ist, ist nichts gewonnen.“

 

ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Moderatorin Jasmin Khatami, Karin Paulsmeyer, Leiterin Fokus Bahn NRW, und Kilian Schäfer, Leiter des Kompetenzcenters Sicherheit NRW
v. l. n. r.: Moderatorin Jasmin Khatami, Karin Paulsmeyer, Leiterin Fokus Bahn NRW, und Kilian Schäfer, Leiter des Kompetenzcenters Sicherheit NRW

Impuls aus dem Ministerium: Sicherheit als Standortvorteil

Udo Sieverding, Abteilungsleiter Mobilität der Zukunft, Radverkehr, ÖPNV im Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW, stellte in seinem Impulsvorträg fest: „Wenn sich Menschen aus Sicherheitsgründen für das Auto entscheiden, dann muss uns das zu denken geben. Wir haben in NRW aber viel erreicht und sehr gute Sicherheitsstrukturen aufgebaut. Andere Bundesländer können davon profitieren und Dinge, die bei uns gut laufen, für sich übernehmen.“

ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Udo Sieverding, Abteilungsleiter Mobilität der Zukunft, Radverkehr, ÖPNV im Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW
Udo Sieverding, Abteilungsleiter Mobilität der Zukunft, Radverkehr, ÖPNV im Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW

Podiumsdiskussion: Sicherheit als Qualitätsmerkmal

Sicherheit ist ein entscheidender Baustein der Mobilitätswende. Sie bestimmt, ob Menschen Bus und Bahn mit Vertrauen nutzen. Die erste Podiumsdiskussion widmete sich deshalb der Bedeutung von Sicherheit als Qualitätsmerkmal eines attraktiven ÖPNV und der Schnittstelle zur inneren Sicherheit.

Geschultes, uniformiertes Personal schafft Vertrauen

Die Präsenz von Sicherheitskräften und geschultem Personal der Verkehrsunternehmen ist ein ganz entscheidender Faktor, damit Fahrgäste sich in öffentlichen Verkehrsmitteln wohl fühlen und sicher unterwegs sind. „Menschen fühlen sich immer dann besonders sicher, wenn sie uniformiertes Personal sehen. Hier müssen wir in Zukunft weiter investieren“, so Markus Röhrl, Polizeipräsident von Wuppertal.

Damit das Personal bestmöglich für seinen Einsatz gerüstet ist, setzen Unternehmen und Sicherheitsbehörden auf eine kontinuierliche Schulung ihrer Mitarbeitenden. Helge Scharfscheer, Vizepräsident der Bundespolizei Sankt Augustin, sagte: „Unsere Mitarbeitenden werden im Umgang mit belastenden Situationen geschult. Und es ist darüber hinaus die Aufgabe der Vorgesetzten, sich im Fall der Fälle aktiv nach den Kolleginnen und Kollegen zu erkundigen und Hilfsangebote zu machen. Hierdurch erhalten wir die Einsatzfähigkeit unseres Personals.“ Dies bestätigte Markus Röhrl für die Landespolizei: „Unsere Kolleginnen und Kollegen sind ausgesprochen gut ausgebildet. Wir beobachten neue Entwicklungen und bauen sie in unsere ständigen Trainings ein, damit sie im Einsatz gut reagieren können.“ DB Sicherheit setzt auf verlässliche Strukturen, die Mitarbeitende bei ihrer Arbeit schützen. „Wenn es zu sicherheitsrelevanten Vorfällen kommt, dann müssen Führungskräfte genau hinschauen, wie es den Mitarbeitenden geht“, so Britta Zur, Vorsitzende der Geschäftsführung der DB Sicherheit GmbH.

  • ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Markus Röhrl, Polizeipräsident von Wuppertal
    Markus Röhrl, Polizeipräsident von Wuppertal
  • ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Helge Scharfscheer, Vizepräsident der Bundespolizei Sankt Augustin
    Helge Scharfscheer, Vizepräsident der Bundespolizei Sankt Augustin
  • ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Britta Zur, Vorsitzende der Geschäftsführung der DB Sicherheit GmbH
    Britta Zur, Vorsitzende der Geschäftsführung der DB Sicherheit GmbH

Sicherheit als Kernaufgabe der SPNV-Aufgabenträger

Auch der Bedeutung von moderner Technik zur Verbesserung der Sicherheit im ÖPNV widmeten sich die Expert:innen. Christiane Auffermann, Geschäftsführerin Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL), sagte: „Sicherheit ist eine Kernaufgabe der SPNV-Aufgabenträger. Deshalb ist Videoüberwachung standardmäßig in unseren Verkehrsverträgen enthalten. Fahrzeuge müssen zudem hell, transparent und übersichtlich gestaltet sein, damit sich Fahrgäste jederzeit wohl und sicher fühlen. Jetzt gilt es, das wichtige Thema Sicherheitzukünftig noch positiver in Szene zu setzen und unsere Aktivitäten in diesem Bereich noch besser an unsere Fahrgäste zu kommunizieren. Hier ist insgesamt noch Luft nach oben.“

ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Christiane Auffermann, Geschäftsführerin Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL)
Christiane Auffermann, Geschäftsführerin Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL)

Moderne Technik für Strafverfolgung und Prävention

Britta Zur betonte, der Schutz kritischer Infrastruktur könne nicht allein von Menschen geleistet werden, der Einsatz von leistungsstarker, moderner Technik sei eine Grundvoraussetzung, um ein so großes Schienennetz wie das der Deutschen Bahn überwachen zu können. Markus Röhrl ergänzte, dass es an Bahnhöfen und in Zügen inzwischen sehr gute Videokameras gibt, die nicht nur bei sicherheitsrelevanten Vorfällen, sondern auch präventiv eine wichtige Rolle spielen. Verknüpft mit KI – selbstverständlich unter Einhaltung aller Datenschutzvorgaben – sei sehr viel Potenzial vorhanden, die Sicherheitslage weiter zu verbessern. Scharfscheer betonte abschließend: „Die Politik hat erkannt, wie wichtig das Thema Sicherheit ist und in den letzten Jahren 1.200 zusätzliche Stellen geschaffen. Nun gilt es, den technischen Ausbau weiter voranzutreiben.

„Sicherheit ist mehr als Kriminalitätsstatistik“

Katja Diehl stellte in ihrem Impulsvortrag heraus, dass Sicherheit über die Verkehrswende entscheidet und das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste einiges umfasst, das oft übersehen wird. Unter dem Motto „Sicherheit ist mehr als Kriminalstatistik“ beschrieb die Autorin und Mobilitätsexpertin die vielen Facetten von Sicherheit: den Respekt im Miteinander, den barrierefreien und damit auch sicheren Zugang zum Nahverkehrssystem durch das DeutschlandTicket, den Schutz von Kindern, Frauen und vulnerablen Gruppen, technische Lösungen wie Notrufeinrichtungen oder Videoüberwachung,Fahrgäste mit Zivilcourage und ein emphatisches Miteinander statt Aggression. Katja Diehls Fazit: „Nur wenn wir Sicherheit ganzheitlich denken – objektiv und subjektiv, technisch und sozial – wird der ÖPNV das Rückgrat einer gerechten Mobilität.

ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Katja Diehl, Autorin und Mobilitätsexpertin
Katja Diehl, Autorin und Mobilitätsexpertin

Gespräch „Mitarbeitersicht im Fokus“

Beim Panel „Mitarbeitersicht im Fokus“ sprach Oliver Wittke, Vorstandssprecher des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) mit Kolleginnen und Kollegen, die täglich im Zug unterwegs sind: „Ich bin dankbar, dass sie uns einen so offenen Einblick in ihren Arbeitsalltag gegeben haben. Eine Kundenbetreuerin berichtete, wie angespannt die Stimmung manchmal ist und wie sehr Deeskalationstrainings und Schulungen helfen, schwierige Situationen zu meistern. Mir hat auch die Perspektive einer Ticketkontrolleurin besonders gezeigt, wie viel Wirkung allein die Präsenz bei Fahrgästen entfaltet und wie entscheidend gute Kommunikation sowie die enge Zusammenarbeit mit der Polizei sind, um das Sicherheitsgefühl zu stärken. Auch der Sicherheitsmitarbeiter, mit dem ich gesprochen habe, machte deutlich, wie erleichtert Fahrgäste reagieren, wenn Einsatzkräfte vor Ort sind, und wie Bodycams zur Abschreckung beitragen. Diese Einblicke haben mir gezeigt, dass Technik allein nicht ausreicht. Kameras, Systeme und Statistiken können unterstützen, ersetzen aber nicht den täglichen Einsatz der Beschäftigten. Sicherheit entsteht im direkten Kontakt, durch Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Engagement.“

ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Oliver Wittke, Vorstandssprecher des VRR

Podiumsdiskussion: Subjektive Sicherheit im ÖPNV, wichtig oder obsolet?

Die zweite Podiumsdiskussion widmete sich der subjektiven Sicherheit. Sie ist ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz des Öffentlichen Personennahverkehrs – denn wer sich unsicher fühlt, steigt nicht ein. Marcel Winter, Geschäftsführer von go.Rheinland, brachte es auf den Punkt: „Wir müssen akzeptieren, dass Sicherheit immer subjektiv ist. Wer sich nicht sicher fühlt, der fährt nicht mit Bus und Bahn.“ Bereits die bloße Wahrnehmung oder das Hören von Vorfällen kann das Sicherheitsgefühl beeinträchtigen. Befragungen und Untersuchungen bestätigen diese Einschätzung: Beleuchtung, soziale Kontrolle und bauliche Gestaltung beeinflussen maßgeblich das subjektive Sicherheitsempfinden.

ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Marcel Winter, Geschäftsführer von go.Rheinland
Marcel Winter, Geschäftsführer von go.Rheinland

Gutes Licht, einsehbare Räume, andere Menschen und ein verlässlicher Betrieb

Anja Wenmakers, Geschäftsführerin der Stadtwerke Bonn, nannte konkrete Kriterien dafür, dass Menschen sich sicher fühlen: „Gutes Licht, einsehbare Räume, Menschen, die um mich herum anwesend sind,undeine gute Kommunikation – das sind die Stellschrauben, die das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste verbessern.“ Auch Kilian Schäfer vom Kompetenzcenter Sicherheit NRW betonte die Vielschichtigkeit des Themas: „Personal, Technik, helle und transparente bauliche Einrichtungen, Aufklärung und Zivilcourage sind wichtige Aspekte, die dazu beitragen, dass Fahrgäste sich wohl und sicher fühlen.“ Anne Mathieu, Vorsitzende Geschäftsführerin der eurobahn GmbH & Co. KG, ergänzte, dass auch ein verlässlicher Betrieb eine Rolle spielt, insbesondere abends im Dunkeln: „Wenn Fahrgäste wissen, dass sie ihren Zug bekommen, weil er pünktlich fährt, dann ist das für sie sicherheitsrelevant.“

  • ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Anja Wenmakers, Geschäftsführerin der Stadtwerke Bonn
    Anja Wenmakers, Geschäftsführerin der Stadtwerke Bonn
  • ÖPNV-Sicherheitskongress NRW: Anne Mathieu, Vorsitzende Geschäftsführerin der eurobahn GmbH & Co. KG
    Anne Mathieu, Vorsitzende Geschäftsführerin der eurobahn GmbH & Co. KG

Subjektive Sicherheit ist kein Nebenschauplatz

Marcel Winter hob zudem die Bedeutung des Auftretens von Mitarbeitenden hervor: „Mitarbeitende müssen ausstrahlen, was sie gelernt haben. Das vermittelt ein gutes Gefühl und gibt Sicherheit.“ Erfreulicherweise gebe es immer mehr Menschen, die in kritischen Situationen Zivilcourage zeigen. Technik bleibt dabei ein wichtiger Baustein: Anja Wenmakers versicherte, „Die Investitionsmittel finden wir immer und bauen ein, was nötig ist.“ Anne Mathieu plädierte abschließend für eine stärkere Präsenz von Kundenbetreuer:innen in den Zügen – und dafür, dass deren Finanzierung in den SPNV-Verkehrsverträgen fest verankert wird. Der Konsens: Subjektive Sicherheit ist kein Nebenschauplatz, sondern ein zentrales Element für die Zukunft des Nahverkehrs – und muss ebenso ernst genommen werden wie objektive Sicherheitsmaßnahmen.

Wibke Hinz

Von Wibke Hinz
PR- und Online-Redakteurin


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