Illustration eines DeutschlandTickets und einer Person vor einer stilisierten Deutschlandkarte

27. Oktober 2023

DeutschlandTicket – quo vadis?

Als Rückgrat einer zeitgemäßen, umwelt- und klimafreundlichen Nahmobilität ist der Öffentliche Personennahverkehr wesentlicher Baustein einer erfolgreichen Verkehrswende. Mit dem DeutschlandTicket ist ein wegweisender Schritt getan, um traditionelle Tarifstrukturen zu vereinfachen, die Digitalisierung des Nahverkehrs weiter voranzutreiben und die Menschen zu einem Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen. Um das Angebot jedoch auch zukünftig sichern und einen leistungsstarken Nahverkehr aufrechterhalten und weiter ausbauen zu können, besteht ein erheblicher Finanzierungsbedarf. Die Politik ist nun aufgerufen, neben der Implementierung des Tickets auch mit einer tragfähigen Finanzierung die nötigen Rahmenbedingungen für die dauerhafte Existenz des Tickets und ein attraktives ÖPNV-Angebot zu schaffen.

Mutiger Schritt hin zu einer echten Verkehrswende

Mit dem DeutschlandTicket ist die Politik einen mutigen Schritt hin zu einer echten Verkehrswende gegangen, der auch im europäischen Ausland Beachtung findet. Als einer der größten Verkehrsverbünde Europas sind wir stolz, an diesem Transformationsprojekt teilzunehmen. Mitarbeiter*innen in den Kommunen, bei Verkehrsunternehmen und in den Verbünden haben sich mit sehr viel Herzblut und Engagement dafür eingesetzt, das DeutschlandTicket einzuführen. Im Interesse einer erfolgreichen Verkehrswende müssen alle Nahverkehrsakteure nun gemeinsam dafür sorgen, diese Pionierleistung für die Nahverkehrskund*innen in ganz Deutschland dauerhaft zu sichern und auch für Studierende eine bundesweite Semesterticket-Lösung als Solidarmodell zu finden. Gleichzeit müssen wir das Nahverkehrsangebot bedarfsgerecht ausweiten und in moderne, barrierefreie Infrastruktureinrichtungen und Fahrzeuge mit emissionsarmen Antriebstechnologien investieren – sowohl in den Städten und Kreisen als auch im Regionalverkehr.

Finanzierung des DeutschlandTickets sichern

So klar die Ziele auch sind, so herausfordernd ist die aktuelle Situation im Öffentlichen Personennahverkehr. Faktisch ist die Finanzierung des DeutschlandTickets nur für das Jahr 2023 gesichert. Wenn die Kommunen auch darüber hinaus ihren Beitrag zur klimaneutralen Mobilität leisten sollen, dann müssen sie mit ihren kommunalen Verkehrsunternehmen auch dazu befähigt werden. Von den Städten und Kreisen allein ist dies in Zeiten hoher Preise für Energie und Personal nicht zu schultern – die finanziellen Spielräume sind weitestgehend ausgereizt.

Für einen modernen Nahverkehr in Ballungsräumen und ländlichen Regionen benötigen wir deshalb neben modernen und zukunftsfähigen Mobilitätskonzepten, einem attraktiven ÖPNV-Angebot und digitalen Services, die den Zugang zum ÖPNV erleichtern, auch vorausschauende und nachhaltige Finanzierungsregelungen. Der Bund als Initiator muss die Finanzierung des DeutschlandTickets über das Jahr 2023 hinaus sichern, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine kontinuierliche Preisentwicklung schaffen und damit das Gesamtsystem ÖPNV inklusive eines deutschlandweiten Semesterticket-Solidarmodells auf eine tragfähige und nachhaltige Basis stellen. 

Wie groß der Kostendruck ist, zeigt sich auch im Regionalverkehr. Ohne zusätzliche Mittel können ab dem Jahr 2024 nicht einmal die steigenden Kosten für das bestehende Angebot vollständig und dauerhaft gesichert werden. De facto muss der Schienenpersonennahverkehr aber bedarfsgerecht ausgebaut werden, um leistungsfähig und attraktiv zu sein.

Demografischer Wandel und Fachkräftemangel als Herausforderung für die Branche

Neben den erwähnten Finanzierungsfragen sind und bleiben der demografische Wandel und der damit einhergehende Fachkräftemangel zentrale Herausforderungen für die Branche – und zwar insbesondere bei fahrendem Personal für Bus und Bahn, technischen Fachkräften für Instandhaltung und Reparatur und auch in den Verwaltungen. 40 Prozent der heute bei Verkehrsunternehmen Beschäftigten gehen bis zum Jahr 2027 in den Ruhestand. Gleichzeitig ist der ÖPNV eine Zukunftsbranche, denn er ist sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich bedeutsam und trägt maßgeblich dazu bei, Mobilität nachhaltiger zu gestalten und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die Branche ist folglich auf ausreichend qualifizierte Mitarbeiter*innen angewiesen, um ein stabiles und zukunftsfähiges Angebot zu sichern. Entsprechend investieren die kommunalen Aufgabenträger und auch die Eisenbahnverkehrsunternehmen in Ausbildung und Qualifizierung.

DeutschlandTicket: Historische Chance für einen Wandel des Mobilitätsverhaltens

Durch das DeutschlandTicket ergeben sich historische Chancen für einen echt Mobilitätswandel. Allein im VRR nutzen inzwischen rund 1,2 Millionen Abonnent*innen das neue Angebot – Tendenz steigend. Hier zeigt sich deutlich, dass durch positive Impulse gesellschaftliche Veränderungen und ein Wandel des individuellen Mobilitätsverhaltens angestoßen werden können. Diese Chancen und die Aufbruchstimmung müssen wir mit vereinten Kräften nutzen und gemeinsam einen ÖPNV gestalten, der diesem Wandel auch zukünftig gerecht wird.

José Luis Castrillo

Von José Luis Castrillo
Vorstand des VRR


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