VRR reaktiviert und elektrifiziert weitere SPNV-Strecken
Im VRR mit den urbanen Ballungszentren und den ländlich geprägten Regionen in der Peripherie pendeln immer mehr Menschen aus dem Umland in die Großstädte – berufsbedingt, zum Ausbildungsplatz oder zu den Universitäten oder in der Freizeit. Das Verkehrsaufkommen in den Zentren ist entsprechend hoch. Um die Mobilität in der Region zu sichern, weitere Verkehre von Straßen und Autobahnen auf die Schiene zu verlagern und die Klimabilanz des Öffentlichen Verkehrs weiter zu verbessern, reaktivieren wir stillgelegte SPNV-Strecken und elektrifizieren Linien, die heute noch mit Dieselfahrzeugen betrieben werden.
Reaktivierung von SPNV-Verbindungen
Wir reaktivieren aktuell drei SPNV-Verbindungen, um weitere Gebiete an den SPNV anzubinden und möglichst viele Fahrgäste schneller von A nach B zu bringen – und zwar ohne Umstiege: die Niederrheinbahn, die Hertener Bahn und die Ratinger Weststrecke.
Niederrheinbahn, Hertener Bahn, Ratinger Weststrecke
Reaktivierung 1:
Die Niederrheinbahn
Mit der Niederrheinbahn wird Kamp-Lintfort, die drittgrößte deutsche Stadt ohne eigenen Schienenanschluss, von Duisburg über Moers in das SPNV-Netz im VRR eingebunden. Hierzu muss auf der zehn Kilometer langen Strecke die zum Teil 100 Jahre alte Technik erneuert werden. Außerdem muss in Rheinkamp ein modernes Stellwerk gebaut werden – nach den ursprünglichen Planungen der Deutschen Bahn bis zum Jahr 2035. Da das Land NRW das Bauwerk nun aber mit 12,33 Millionen Euro fördert und sich auch die Niederrheinbahn GmbH mit weiteren 2,5 Millionen Euro beteiligt, kann das Stellwerk neun Jahre früher realisiert werden. Insgesamt investiert die Niederrheinbahn GmbH in die Streckensanierung rund 18 Millionen Euro. Einen ersten Eindruck auf den zukünftigen SPNV-Betrieb konnten Nahverkehrskund*innen während der Landesgartenschau Kamp-Lintfort in diesem Jahr gewinnen: Von Mai bis Oktober konnten sie an Wochenenden und Feiertagen mit der Regionalbahn RB 31 ab Duisburg über Moers bis zum Haltepunkt Kamp-Lintfort Süd fahren. Voraussichtlich ab Mitte 2026 wird die Strecke dann regulär an den SPNV angebunden und über das heutige Landesgartenschau-Gelände hinaus mit dem Haltepunkt Kamp-Lintfort Süd bis zum künftigen Endpunkt Kamp-Lintfort Mitte verlängert. Nach Kamp-Lintfort verkehrt dann stündlich die über Moers hinaus verlängerte Linie RE 44.
Reaktivierung 2:
Die Hertener Bahn
Auch die Hertener Bahn wird in den nächsten Jahren vollständig reaktiviert. Seit Mitte September 2020 verkehrt die S-Bahn-Linie S 9 bereits auf dem Linienast von Bottrop über Gladbeck West nach Recklinghausen – der erste Teilschritt des Vorhabens. Vorerst bleibt es allerdings bei einer Verbindung ohne Zwischenstationen. In den nächsten Jahren sind dann Halte in Gelsenkirchen-Buer Nord, Herten und Herten-Westerholt vorgesehen, wodurch Herten erstmals seit Anfang der 1980er Jahre wieder direkt an den SPNV angeschlossen wird.
Reaktivierung 3:
Ratinger Weststrecke
Seit Jahren gibt es Bestrebungen, die Strecke zwischen Duisburg Hbf und Düsseldorf Hbf im Streckenabschnitt Duisburg-Wedau – Düsseldorf-Rath für den Schienenpersonennahverkehr zu reaktivieren. Die Städte Duisburg, Düsseldorf und Ratingen, der Kreis Mettmann sowie der VRR hatten sich als Kooperationspartner zur Erstellung und Finanzierung einer Machbarkeitsstudie „Ratinger Weststrecke“ zusammengeschlossen. Nach Ansicht der Gutachter*innen lohnt es sich, die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen zur Reaktivierung der Strecke umzusetzen, denn das Vorhaben ist baulich machbar und finanzierbar. Auch ein späterer Betrieb mit SPNV-Fahrzeugen des Schienenpersonennahverkehrs ist volkswirtschaftlich sinnvoll. Die Reaktivierung der Ratinger Weststrecke ist nicht nur verkehrlich sinnvoll, sondern kann auch einen wesentlichen Beitrag leisten, weitere Verkehre von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Aktuell erfolgen Abstimmungen mit allen beteiligten Partnern, um mit den nächsten Planungsstufen zeitnah beginnen zu können.
Darüber hinaus starten noch in diesem Jahr die Untersuchungen zur möglichen Reaktivierung der Walsumbahn. Ergebnisse der Machbarkeitsstudie werden für Anfang des zweiten Quartals 2021 erwartet.
Elektrifizierung von SPNV-Strecken
Aktuell elektrifizieren wir weitere Dieselstrecken, um die dort verkehrenden Linien auf einen umweltfreundlichen Betrieb umzustellen - so beispielsweise die Verbindung zwischen Wesel und Bocholt und die S-Bahn-Linie S 28 der Regiobahn.
Beispiele Elektrifizierungen
Elektrifizierung 1
Strecke Wesel – Bocholt
Die Elektrifizierung der Bahnstrecke zwischen Wesel und Bocholt birgt erhebliche verkehrliche und auch umweltpolitische Verbesserungspotenziale. Durch Flügelung der Linie RE 19 in Wesel soll die Stadt Bocholt an die Oberzentren Duisburg und Düsseldorf umsteigefrei angebunden werden. Der Vertrag zu den Leistungsphasen 5 bis 9 ist unterzeichnet. Die Planrechtsverfahren sind zum Teil abgeschlossen. Nach Aussagen der DB Netz AG soll im Januar 2021 mit den Kabeltiefbauarbeiten begonnen werden. Bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021 soll das Vorhaben abgeschlossen und der rein elektrische Betrieb aufgenommen werden.
Elektrifizierung 2
S-Bahn-Linie S 28 der Regiobahn
Ursprünglich war geplant, die Linie S 28 zum Start der neuen S-Bahn Rhein-Ruhr im vergangenen Dezember vom bisherigen Endhaltepunkt Mettmann Stadtwald bis zum Wuppertaler Hauptbahnhof zu verlängern und die gesamte Strecke zu elektrifizieren. Hier kam es jedoch zu Verzögerungen: einerseits wegen nicht abgeschlossener Plangenehmigungsverfahren, andererseits musste die Regiobahn das Ausschreibungsverfahren zum Bau der Oberleitungsanlage aus wirtschaftlichen Gründen aufheben und ein neues Verfahren starten. Inzwischen wurde die Strecke von Mettmann-Stadtwald bis Wuppertal-Dornap ausgebaut. Geplant ist, den Betrieb auf dem neuen Streckenabschnitt mit Dieselfahrzeugen im Dezember 2020 aufzunehmen. Wann ein elektrischer Betrieb der Linie S 28 möglich sein wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Der beauftragte Fahrzeughersteller Stadler Pankow GmbH wird vier der benötigten Elektrofahrzeuge Ende 2020 liefern, weitere sechs Züge dann ein Jahr später. Sämtliche Fahrzeuge werden in die VRR-eigene Fahrzeugflotte integriert und von Stadler über einen Zeitraum von über 30 Jahren verfügbar gehalten. Der VRR prüft aktuell, auf welchen Linien die neuen Fahrzeuge bis zur Elektrifizierung der S 28-Strecke eingesetzt werden können.