Eine Anzeigetafel am leeren Bahnsteig teilt den witterungsbedingten Zugausfall mit

16. Dezember 2020

Warum haben Züge eigentlich Verspätung?

Die Züge des Regionalverkehrs fahren zu festgelegten Zeiten nach einem ausgeklügelten Fahrplan. Doch manchmal kommt es vor, dass Sie als Fahrgast am Bahnhof stehen und der erwartete Zug plötzlich Verspätung hat. Wir zeigen auf, welche Gründe es für die Verspätungen gibt, wie vielfältig sie sind und welche Konsequenzen sie nach sich ziehen.

Welche Auswirkungen Baustellen haben

Dass Züge nicht planmäßig fahren oder manchmal sogar ausfallen, kann verschiedene Gründe haben. Baustellen sind in der Regel nicht die Ursachen für Verspätungen. Sie werden im Schienennetz weit im Voraus geplant und entsprechend frühzeitig in die Fahrpläne eingearbeitet. Züge sind dann manchmal länger als üblich unterwegs, weil sie Umwege nehmen oder langsamer fahren müssen – diese Verzögerungen sind allerdings in den Baustellenfahrplänen berücksichtigt.

Natürlich kommt es hin und wieder auch zu kurzfristigen Baustellen, die Störungen, Verspätungen oder Zugausfälle verursachen. Das passiert jedoch eher selten.

Ein Bauarbeiter schweißt an den Seitenwänden einer Brücke

Auch Sie können mit Ihrem Verhalten die Pünktlichkeit einer Linie beeinflussen

Wenn besonders viele Fahrgäste mit dem Zug unterwegs sind, beispielsweise zur Hauptverkehrszeit oder bei Großveranstaltungen, dann kommt es vor, dass die Fahrzeugtüren länger geöffnet bleiben als eigentlich vorgesehen. Das liegt dann z.B. daran, dass einzelne Fahrgäste plötzlich in den Türen stehen bleiben und diese extra lange offenhalten. Weil sich die Türen nicht schließen lassen, kann der Triebfahrzeugführende die Fahrt kurzfristig nicht fortsetzen.
Was zunächst als wenige Sekunden beginnt, kann sich, bei wiederholtem Auftreten, schnell zu mehreren Minuten Verspätung summieren oder sogar eine Türstörung auslösen, die zu noch einer größeren Verzögerung führt und so auch nachfolgende Züge an der Pünktlichkeit hindert.

Bei unseren Neufahrzeugen achten wir im Übrigen darauf, großzügige Einstiegsbereiche zu bekommen, um ein zügiges Ein- und Aussteigen zu ermöglichen. Der Zug ist somit schneller abfahrbereit und das Verspätungsrisiko minimiert. Dies ist beispielsweise bei den RRX-Zügen und den neuen S-Bahn-Fahrzeugen schon heute der Fall.

Rettungseinsätze und schlechtes Wetter stören den Betrieb

Eine Zug steht an einem verschneiten Bahnhof

Ereignisse die zu Verspätungen führen, sind meist nicht vorhersehbar. Ursachen können beispielsweise Notarzt- oder Polizeieinsätze am oder im Gleis sowie an den Stationen sein. Auch Unfälle oder ein plötzlicher Wetterumschwung können zu Verzögerungen im Betriebsablauf führen.

Andere Gründe für mögliche Verspätungen sind Gegenstände, Tiere oder auch Personen im Gleis. Das können spielende Kinder, Hobbyfotografen oder unachtsame Spazierende sein, die den Gleisen zu nahe kommen. In diesen Fällen muss die Strecke gesperrt werden – und die Fahrt ungeplant unterbrochen. Bis die Polizei oder Rettungskräfte den betroffenen Abschnitt wieder freigeben, müssen die Züge warten. Falls die Sperrung länger andauert, werden Züge umgeleitet. Auch dies führt zu einer längeren Fahrzeit.

Auch extreme Witterungen nehmen oftmals Einfluss auf den Verkehrsfluss im SPNV: Stürme und Orkanböen lassen hin und wieder Bäume auf Gleise stürzen, Schnee und Eis frieren Weichen ein. Manchmal unterspült starker Regen das Gleisbett oder die Bahnhofsunterführungen laufen voll. Bis diese Störungen behoben sind, kann einige Zeit vergehen – teilwiese sogar mehrere Tage.

Der Einfluss der Infrastruktur

Das Eisenbahnnetz im VRR-Gebiet ist teilweise zu mehr als 100 Prozent belastet – Tendenz steigend. Insbesondere betrifft es die Strecken, die quer durchs Ruhrgebiet führen. Durch die hohe Auslastung des Schienennetzes (aufgrund der engen Taktungen im SPNV sowie der Güter- und der Fernverkehrszüge) lösen schon wenige Minuten Verzögerung eines einzelnen Zuges Kettenreaktionen der Verspätung auf nachfolgende Züge aus. Die hohe Belastung, die vor allem beliebte Pendlerstrecken trifft, können Sie als Fahrgast momentan auf den Linien spüren, die von dem LKW-Brand auf der A 40 betroffen sind. Die Sperrungen der Autobahn und Eisenbahnstrecke für den Abriss der Eisenbahnbrücken betreffen nämlich bis auf Weiteres neun Linien zwischen Essen und Duisburg bzw. Oberhausen sowie zwei weitere auf Umleitungsstrecken.

In den letzten Jahrzehnten hat das Eisenbahninfrastrukturunternehmen DB Netz eine Vielzahl an Überholgleisen abgebaut. Vorher konnten durch diese Gleise verspätete Fernverkehrszüge überholen, während in den Bahnhöfen der Fahrgastwechsel im SPNV vonstattenging. Nun müssen die Regionalzüge an den Stationen warten, bis der IC/EC oder ICE eingefahren ist, die Fahrgäste ein- und ausgestiegen sind und genug Abstand zum Fernzug besteht, um abfahren zu können. Das Überholen durch den Fernverkehr können Sie als Fahrgast in den Städten Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen oder auch Hagen erleben.

Außerdem ist die Infrastruktur in großen Teilen des VRR veraltet und muss dringend erneuert werden. Dies führt dazu, dass der Zugbetrieb immer wieder durch defekte Infrastruktur beeinträchtigt wird. Ein Beispiel: Eine Analyse der Verspätungen auf der von der NordWestBahn betriebenen Linie RE 10 hat ergeben, dass über 80 Prozent der Verzögerungen im Zeitraum zwischen 2013 und 2018 auf defekte Bahnübergänge, nicht besetzte Stellwerke, Signal- oder Weichenstörungen zurückzuführen sind. Manchmal sind es auch die Züge selbst, die einen pünktlichen Betrieb verhindern, beispielsweise durch technische Störungen wie defekte Türen, Bremsen oder Ähnliches.

Gleise, auf denen ein Zug fährt, der perspektivisch nur zum Teil zu sehen ist

Fernverkehr hat Vorfahrt

Menschen, die am Bahnsteig in Richtung Zug laufen

Früher wie heute gilt im DB Netz: Der Fernverkehr hat Vorrang – auch wenn dieser verspätet ist. So passiert es, dass die eigentlich pünktlichen Nahverkehrszüge durch verspätete Fernverkehrszüge ausgebremst werden und die Stationen im Verbundraum mit Verzögerung verlassen. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich Nahverkehr und Fernverkehr ein Gleis teilen und nicht auf andere Trassen ausgewichen werden kann. Die eingleisig ausgebauten Bahntrassen im VRR führen also dazu, dass ein Zug seine Verspätung auf den entgegenkommenden Zug übertragen kann.

Wie groß die Betroffenheit im Nahverkehr tatsächlich ist, zeigt ein Blick auf die beiden Linien RE 1 (RRX) und RE 5 (RRX). Trotz pünktlicher Abfahrt am Startbahnhof werden sie oftmals zwischen Düsseldorf und Köln durch verspätete Fernverkehrszüge überholt. Folglich ist nicht nur der ausgebremste Nahverkehrszug selbst verspätet – und damit bis zu 1.000 Fahrgäste in der Hauptverkehrszeit. Auch Folgeverbindungen auf anderen SPNV-Linien (und damit zahlreiche weitere Nahverkehrskund*innen im VRR) erreichen ihr Ziel nicht mehr pünktlich. Unter diesen Verspätungen leiden zum größtenteils Pendler*innen, die an konkrete Ankunftszeiten gebunden sind. Sie alle kommen dann zu spät zur Arbeit, zum Ausbildungsplatz oder in die Schule.

Sina Dietz

Von Sina Dietz
PR-Volontärin


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